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Windenergie, erinnert sich noch jemand an Growian?
Windenergie, erinnert sich noch jemand an Growian?
Die »Growian« war eine öffentlich geförderte Windkraftanlage, die zur »Technologieerprobung« in den 1980er-Jahren im Kaiser-Wilhelm-Koog bei Marne errichtet wurde. Es handelte sich um einen zweiflügligen »Leeläufer« (das bedeutet, dass der Rotor auf der windabgewandten Seite läuft) mit einer Nabenhöhe von etwa 100 Metern.
Die größte Windkraftanlage der Welt
»Growian« war lange die größte Windkraftanlage der Welt. Vieles war neu und nicht erprobt. Da die Gehäuseauslegung fehlerhaft war, konnte »Growian« nicht bei voller Leistung betrieben werden, die Probleme ermöglichten keinen kontinuierlichen Testbetrieb. Die meiste Zeit stand die Anlage still. Der offizielle Startschuss des Probebetriebs wurde am 1983 bei einer feierlichen Eröffnung gegeben. Im Laufe des Jahres 1987 wurden Betrieb und Messungen eingestellt. Im Sommer 1988 wurde »Growian« abgerissen.
Leistung der »Growian«
Die elektrische Nennleistung der »Growian« betrug drei Megawatt. Die Einspeisung in das Stromnetz erfolgte über einen Umformersatz, der weitestgehend identisch war mit dem später im Umspannwerk Neuhof installierten Umformersatz, über den elektrische Energie aus der DDR bezogen werden konnte.
Prüfungsauftrag
Ende 1976 hatte das Bundesministerium für Forschung und Technologie (»BMFT«) den Auftrag erteilt die Entwicklung großer Windkraftwerke mit Forschungsaufträgen und Expertenanhörungen zu prüfen. Aufträge erhielten MAN, das Institut für Aerodynamik und Gasdynamik der Universität Stuttgart und die Universität Regensburg. 1978 hatte das BMFT den Bau der weltweit größten Windkraftanlage mit 100 Metern Turmhöhe und 100 Metern Flügeldurchmesser beschlossen. Als Hauptkonstrukteur erhielt die MAN den Zuschlag, die Federführung für die Bildung einer Bau- und Betriebsgesellschaft übertrug das BMFT der HEW. Für das Projekt wurde 1980 die Growian GmbH gegründet, an der die HEW, die Schleswag und das RWE beteiligt waren.
Die »Projektpartner«
Die »MAN SE« (ehemals »MAN«, »Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg«) war ein börsennotierter Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern mit Sitz in München. Die »MAN SE« wurde am 1. September 2021 »auf« die »Traton SE« »verschmolzen« und aus dem Handelsregister gelöscht.
Die Hamburgische Electricitäts-Werke AG (»HEW«) waren ein Unternehmen zur Strom- und Fernwärmeversorgung in Hamburg. 2002 ging das Unternehmen in der Vattenfall Europe AG auf, einer Tochter des schwedischen Konzerns Vattenfall AB. Seit 2006 besteht der bisherige Markenname nicht mehr.
Die Schleswig-Holsteinische Stromversorgungs AG (»Schleswag«) mit Sitz in Rendsburg (Schleswig-Holstein) wurde am 21. Dezember 1929 gegründet. Nach einigem Hin und Her wurde schließlich 2016 die E.ON Kernkraft GmbH in PreussenElektra GmbH umbenannt, um die bei der Abspaltung der Uniper bei E.ON verbliebenen Kernkraftaktivitäten von den »sauberen« und unter der Marke E.ON betriebenen Geschäftsfeldern Erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze abzugrenzen.
Die RWE AG (bis 1990 Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG) mit Sitz in Essen ist ein börsennotierter Energieversorgungskonzern. Am Umsatz gemessen war er zeitweise der zweitgrößte Versorger Deutschlands und gehört zu den großen Vier Energieversorgern. Der Konzern gehört in den Niederlanden seit der Übernahme von Essent zu den führenden Energieversorgern und ist auch in anderen Märkten (beispielsweise Großbritannien, Belgien, Österreich, Tschechien, Osteuropa, Türkei, USA, China) vertreten.
»Partnerschaftsvertrag«
Im »Partnerschaftsvertrag« wurde festgelegt, dass nach Projektende die Anlage »voraussichtlich abgebrochen und verschrottet« werden sollte. Die Teilhaber und zum Teil auch das BMFT betrieben das Projekt auch mit politischen Motiven. Günther Klätte, Vorstandsmitglied des RWE, äußerte auf einer Hauptversammlung des Unternehmens: »Wir brauchen Growian (große Windanlagen), um zu beweisen, daß es nicht geht« und erklärte, »dass Growian so etwas wie ein pädagogisches Modell sei, um Kernkraftgegner zum wahren Glauben zu bekehren«.
»Wir wissen, dass es uns nichts bringt«
Vom Finanzminister und ehemaligen Forschungsminister Hans Matthöfer wurde eine ähnliche Äußerung in Bezug auf die angenommenen finanziellen Schwierigkeiten überliefert: »Wir wissen, dass es uns nichts bringt. Aber wir machen es, um den Befürwortern der Windenergie zu beweisen, daß es nicht geht.« Nachdem die Anlage zum Spatenstich im Mai 1981 durch die »Grünen« als »Feigenblatt« der Elektrizitätswirtschaft verspottet wurde, wurde im RWE intern dafür gesorgt, öffentlich die Linie der Aufgeschlossenheit gegenüber alternativen Energieformen zu betonen und das öffentliche Interesse an Windenergie zu bremsen.
Misserfolg
Nicht zuletzt die Auslegung der »Growian« führte zu nicht beherrschbaren Lasten und Materialproblemen. Die Anlage wurde weitestgehend ein Misserfolg. Über die Jahre hatte sie weitaus mehr Reparatur- als Betriebszeiten und erreichte nicht einmal einen dauerhaften Testbetrieb. Bei ihrer Stilllegung hatten sich nur 420 Betriebsstunden angesammelt.
Einer der größten Fehlschläge in der Geschichte der Windenergienutzung
Der »Growian« gilt als einer der größten Fehlschläge in der Geschichte der Windenergienutzung und die Anlage konnte die an sie gestellten Erwartungen in keiner Weise erfüllen. Die wenigen Erkenntnisse fanden nur geringen Eingang in den Windkraftanlagenbau, es wurden aber Lehren aus den begangenen konzeptionellen Fehlern gezogen, zum Beispiel die, dass der Ansatz, eine rentable Anlagengröße ohne Zwischenschritte erreichen zu wollen, zum Scheitern verurteilt war.
Energie, Thema in den 80ern
Damals galten Wind und Sonne kurzfristig schon einmal als rettender Ausweg. Die Ölkrisen der 1970er-Jahre hatten die Industrieländer erschüttert und lösten hektische Versuche aus, die riskante Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Energieimporten zu reduzieren. Der große Gewinner derartiger Debatten war die Atomkraft. Aber das Bundesforschungsministerium wollte auch die Chancen für die Windenergienutzung ausloten und legte deshalb Ende der 1970er-Jahre ein Forschungsprogramm auf, für das sich deutsche Unternehmen bewerben sollten (siehe oben).
Die Forscherin Vera Schorbach Zweiblattanlagen
»Die berühmteste [Zweiblattanlage] war Growian, ein Forschungsprojekt mit einem sehr großen Budget. Darum hat man dann gleich in die Vollen gegriffen und Anlagengrößen gebaut, die man noch gar nicht handhaben konnte. Growian hatte einen Rotordurchmesser von 100 Metern. Das war 1981. Die Standardanlange war zu der Zeit die Vestas V15 mit 15 Meter Rotordurchmesser. Das wäre so, als würden wir heute aus heiterem Himmel eine Anlage mit 350 Meter Rotordurchmesser bauen. Das Scheitern des Growian lag unter anderem daran, dass hier solch ein Riesenschritt gegangen wurde. Und das wiederum hat das Image der Zweiflügler geprägt. Growian hatte 400 Betriebsstunden, bevor er wieder zerlegt wurde. Zudem hatte er eine Pendelnabe, die ungünstig ausgelegt war. Ein weiterer Grund für sein Scheitern. In meiner Promotion habe ich mich mit Pendelnaben befasst. Growian hat nicht nur den Zweiblattanlagen an sich, sondern auch den Pendelnaben zu einem sehr schlechten Image verholfen. Ich habe mir da sehr viel anhören müssen, weil ich meine Promotion über Pendelnaben bei Zweiblattanlagen geschrieben habe. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Leute mir einen Vogel gezeigt haben und gesagt haben: Bist Du verrückt? Du beschäftigst Dich mit Pendelnaben?«, so Vera Schorbach, Professorin für Windenergie und »virtuelle Produktentwicklung« an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW).
Quellen: Wikipedia, auszugsweise, bearbeitet, Presse