Der kleine Perlmuttfalter mit seinen weißen Flecken auf der Unterseite der Flügel ist die am häufigsten angetroffene Art auf Ruhenstroths Wiese – der stärkste Fund in ganz Nordrhein-Westfalen
62 bedrohte Arten leben in den Dalkeauen in Guetersloh
Was ist der Kleine Perlmuttfalter? Ihn kennenzulernen lohnt sich, denn der Schmetterling mit seinen großen weißen Flecken auf der Unterseite seiner Flügel, die an Perlmutt erinnern, ist die am häufigsten angetroffene Art von Tagfaltern auf Ruhenstroths Wiese entlang der Dalke in Gütersloh. Rund 100 Tiere sind im Zuge eines Insektenmonitorings erfasst worden, das der Fachbereich Grünflächen der Stadt Gütersloh erstmals durch die Gemeinschaft für Natur und Umweltschutz Kreis Gütersloh (GNU) hat durchführen lassen. Die Landschaft rund um die Dalke ist also nicht nur für viele Gütersloherinnen und Gütersloher ein beliebtes Ausflugsziel – auch viele Insektenarten fühlen sich hier wohl. Die Ergebnisse des Monitorings können sich sehen lassen: Das Biotop Ruhenstroths Wiese in Gütersloh-Sundern hat sich in kürzester Zeit gut entwickelt und bietet ein hohes Maß an biologischer Vielfalt. Mehr als 20 Tagfalter- und über 80 Stechimmenarten sowie insgesamt 62 Arten, die auf der Roten Liste stehen, wurden kartiert.
Im Jahr 2018 renaturierte der Fachbereich Grünflächen die Dalke. Das vormals gerade Gewässer erhielt zwei Schlenker. Wo vorher ein großer Acker war, entstand zusätzlich ein neues Biotop. Auf einer ehemaligen Ackerfläche wurden 16.000 Kubikmeter nährstoffreicher Boden abgetragen und die Fläche in eine Offenland-Struktur umgewandelt. Blänken wurden angelegt und als Begrünungsmaßnahmen Wildblumeneinsaaten gesät, um die Ansiedlung von Pflanzen und Insekten zu fördern. »Mit dem Insektenmonitoring wollten wir dann im darauffolgenden Jahr herausfinden, ob die Maßnahmen einen konkreten Einfluss auf die Umwelt haben«, erklärt Helmut Barteldrees vom Fachbereich Grünflächen.
Das Monitoring führten der Lepidopterologe (Schmetterlingskundler) Rudolf Pähler und der Entomologe (Insektenkundler) Hans Dudler von der GNU in den Jahren 2019 und 2020 an vier Begehungen durch. Auf verschiedenen Teilen der Gesamtfläche wurden Tagfalter- und Stechimmenarten in vier Begehungen kartiert. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. In kurzer Zeit haben sich viele Arten angesiedelt: In den beiden Untersuchungsjahren wurden insgesamt 24 Tagfalterarten (fünf davon stehen auf der Roten Liste Nordrhein-Westfalen) und 84 Stechimmenarten (16 Arten auf der Roten Liste NRW) beobachtet. Ein besonderer Fund sind die rund 100 Kleinen Perlmuttfalter, die in den Untersuchungsjahren gezählt wurden. Der Tagfalter ist damit die am häufigsten angetroffene Art auf der Ruhenstroths Wiese. „Der Vergleich mit der Datenbank unserer Arbeitsgemeinschaft in NRW zeigt, dass das der stärkste Fund in ganz Nordrhein-Westfalen ist“, freut sich Rudolf Pähler von der GNU. Im Jahr 2020 wurden bei der Kartierung außerdem Heuschrecken- sowie Libellen- und Nachtfalterarten in die Untersuchung mitaufgenommen. Von den insgesamt 17 gefundenen Heuschreckenarten stehen fünf auf der Roten Liste Nordrhein-Westfalen. Bei den Libellen konnten 18 verschiedene Arten kartiert werden, zwei davon sind bedroht. Ab Ende Juli 2020 wurden zusätzlich Nachfalter beobachtet. Von ihnen fanden die Wissenschaftler 168 verschiedene Arten vor, 33 davon bedrohte Arten. Mit der weiteren Beobachtung eines Flussregenpfeifer-Paares, eine Vogelart, die natürliche Flussläufe mit seichten kiesigen Ufern bevorzugt, haben die Experten insgesamt 62 verschiedene bedrohte Arten kartiert, die auf der Roten Liste Nordrhein-Westfalen stehen. »Das ist überproportional hoch«, freut sich Pähler. »Das Beobachtungsfeld muss man sich wie einen Tunnel vorstellen. Je fünf Meter breit nach rechts und links von der Begehungslinie und fünf Meter in die Höhe und nach vorne«, erklärt er. »Alles, was wir in diesem Bereich sehen, wird registriert und es werden Mehrfachzählungen vermieden.«
Die gesamte Fläche habe sich gut entwickelt, sodass die Insekten sie gut angenommen haben. Helmut Barteldrees erklärt: »Die Untersuchungen haben uns bestätigt, dass wir alles richtig gemacht haben. Die Renaturierung dient nicht nur dem Lebensraum Dalke - die Maßnahme tragen auch zum Natur- und Artenschutz bei.« Als Grund für die gute Entwicklung des renaturierten Abschnitts sehen die Experten die offene Auenlandschaft mit ihren Blänken – ein optimaler Lebensraum für Insekten. »Ziel ist es, die Flächen als offene Auenlandschaft zu erhalten«, betont Barteldrees. »Künftig werden daher weitere pflegerische Eingriffe nötig.« Damit die Fläche nicht verwaldet und das vorhandene Blütenangebot erhalten bleibt, müssen so um zum Beispiel junge Gehölzschösslinge entfernt werden.