Rettungskette fuer Menschenrechte am 18. September 2021 von 12 bis 12.30 Uhr in Guetersloh
Am 18. September 2021 plant die Lokalgruppe Gütersloh der »Seebrücke« von 12 bis 12.30 Uhr in Gütersloh eine Rettungskette für Menschenrechte.
Die »Seebrücke« ist eine politische Bewegung, getragen vorwiegend von Einzelpersonen aus der Zivilgesellschaft. Jeder, der die politischen Ziele unterstützt und sich beteiligen möchte, ist bereits Teil der Bewegung. Mit Demonstrationen und Protestaktionen auf dem Land und in der Stadt streitet die »Seebrücke« mit ihren zahlreichen Lokalgruppen für eine solidarische und menschenrechtsbasierte Migrationspolitik – kurz: Weg von der Abschottung und hin zu Bewegungsfreiheit für alle Menschen!
Seit Jahren sind diese Bilder und Nachrichten allgegenwärtig und erwecken den Anschein, als sei das Sterben vor Europas Küsten ebenso unvermeidbar, wie die katastrophale Unterbringung von geflüchteten Menschen. Wir alle haben uns ein Stück weit an diese Bilder gewöhnt und für viele scheint es, als sei die europäische Asylpolitik alternativlos, doch nichts davon ist alternativlos. Wir von der Seebrücke sind uns ganz sicher: Eine Welt, in der kein Mensch auf dem Weg in eine sichere Zukunft sein Leben verlieren muss, ist möglich. Eine Welt, in der nicht Zufälle wie der Geburtsort oder der Pass darüber entscheiden, wo ein Mensch leben darf, ist möglich. Ein Europa, dass die Rechte aller Menschen – auch jener, die fliehen mussten – schützt und nicht »die Grenze«, ist möglich.
Als breite zivilgesellschaftliche Bewegung entwirft die »Seebrücke« eine Vision einer Welt ohne Abschottung, ohne Lager und ohne Abschiebungen. Wir setzen auf ein Europa der Solidarität und des freiwilligen (zusätzlichen) Engagements, der unveräußerlichen Menschenrechte und des Rechts auf Asyl. Auch wenn dieses offene und solidarische Europa – angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse und der weit nach rechts verschobenen politischen Debatte – nicht morgen oder übermorgen Realität werden wird, müssen alle für globale Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für alle Menschen kämpfen und den Weg dorthin Schritt für Schritt beschreiten.
Die Schreckensnachrichten von den europäischen Grenzen reißen nicht ab: Bei Schiffbrüchen sterben jedes Jahr tausende Menschen im zentralen Mittelmeer oder werden werden mit europäischer Hilfe an ihrer Flucht gehindert und in libysche Folterlager zurückgeschleppt. In den Lagern an Europas Außengrenzen wie Kara-Tepe, Samos oder Lipa, leben zehntausende Schutzsuchende in unhaltbaren Zuständen. Es mangelt an allem: An Unterkünften, Nahrungsmitteln, medizinischer Basisversorgung. Die Menschen sind dort Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert.
Derzeit besteht die »Seebrücke« aus mehr als 170 lokalen Seebrücke-Gruppen, die mit Protesten und Aktionen auf die unhaltbaren Zustände an Europas Außengrenzen aufmerksam machen. Wir sind sowohl in Großstädten wie Berlin oder München, als auch in kleinen Gemeinden wie Dargun oder Neuendettelsau vertreten.
Mit Demonstrationen und Protestaktionen auf dem Land und in der Stadt fordert die »Seebrücke« eine Umkehr der deutschen und europäischen Asyl- und Migrationspolitik: Weg von der Abschottung und hin zu Solidarität und Aufnahme! Im Fokus standen und stehen dabei auch die Kommunen. Indem Städte, Landkreise und Gemeinden selbst Verantwortung in der Asylpolitik übernehmen, können sie zeigen, dass eine solidarische und menschenrechtsbasierte Politik auch praktisch möglich ist.
Grundlegende Entscheidungen der Asyl- und Migrationspolitik gehörten bislang nicht zu den klassischen kommunalen Aufgaben. Sowohl die Vergabe von Visa und Aufenthaltstiteln als auch die Kontrolle darüber, wer welche Grenzen übertreten kann, sind eng an die Vorstellung von staatlicher Macht gekoppelt und obliegen der nationalstaatlichen Hoheit.
Aber wenn die Europäische Union, die Bundesregierung oder andere Regierungen nicht bereit oder in der Lage sind, das Sterben im Mittelmeer zu verhindern oder die Situation in den menschenunwürdigen Lagern an den europäischen Außengrenzen zu beenden, müssen eben Kommunen und Zivilgesellschaft ihre Solidarität mit Menschen auf der Flucht zum Ausdruck bringen.
Auf kommunaler und regionaler Ebene zeigt sich immer deutlicher eine Gegenbewegung, die sichere Fluchtwege fordert, die Aufnahme von geflüchteten Menschen anbietet und mehr gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen will. Das Engagement geht dabei von Städten oder Kommunen aus, die sich vielerorts in Europa mit zivilgesellschaftlichen Gruppen vernetzen, um gemeinsam alternative politische Lösungsansätze zu entwickeln. Kommunen wollen dort Verantwortung übernehmen, wo sie von der EU oder ihrem jeweiligen Nationalstaat keine Lösungen mehr erwarten und angesichts humanitärer Katastrophen, wie dem Sterben auf dem Mittelmeer nicht tatenlos bleiben wollen. Asyl- und Migrationspolitik ist eben doch eine zentrale kommunale Aufgabe und kann auf kommunaler Ebene auch besser eingeschätzt werden: Die tatsächliche Aufnahme von geflüchteten Menschen, ihre Versorgung, Zugang zu eigenem Wohnraum, Einbindung durch Bildung, Arbeit, soziale und kulturelle Teilhabe erfolgt schließlich in den Kommunen. Wer könnte also besser beurteilen, dass Aufnahmekapazitäten und Bereitschaft vorhanden sind?
Das haben auch immer mehr Kommunen erkannt: Seit Sommer 2018 sind über 250 Kommunen in Deutschland zu „Sicheren Häfen” geworden und haben ihre Bereitschaft erklärt, weitere Schutzsuchende aufzunehmen – und zwar zusätzlich zu jenen, die ihnen laut Verteilungsschlüssel ohnehin schon zugewiesen werden. Gemeinsam mit uns und vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren üben sie nun als Sichere Häfen Druck auf die Bundesregierung aus, um einen Wandel der europäischen Asyl- und Migrationspolitik zu erwirken. Als „Sichere Häfen“ sind die Kommunen mehr denn je als Akteure der Asyl- und Aufnahmepolitik in Erscheinung getreten. Auch wenn die Positionierungen unterschiedlich weit gehen, zeigen die kommunalen Beschlüsse, dass immer mehr Städte, Gemeinden und Landkreise auch eine lokale Verantwortung für eine solidarische Migrationspolitik anerkennen und die unhaltbaren Zustände an den europäischen Außengrenzen nicht mehr hinnehmen wollen. Die kommunale Bereitschaft beschränkt sich dabei keineswegs allein auf Deutschland: In ganz Europa – von Palermo über Neapel bis nach Barcelona – erklären Bürgermeister ihre Kommunen zu solidarischen Städten für geflüchtete Menschen und organisieren sich in Bündnissen: »Wir alle sind die Seebrücke!«