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Ulfried Miller ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied von Hochstamm Deutschland. Zwar bereitet die Streuobsternte ihm und seiner Familie Freude. Sie haben jedoch auch bereits Verlustjahre in Kauf nehmen müssen. Foto: Dieter Vögtle, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

Ergebnis Preisbarometer Streuobst 2022, gute Ernte, unwirtschaftliche Preise

Ergebnis Preisbarometer Streuobst 2022, gute Ernte, unwirtschaftliche Preise

Rohrdorf, 30. November 2022

Sinkende Erzeugerpreise für #Bio #Streuobst, große #Preisspannen, wenig #Preistransparenz – aber auch positive Praxisbeispiele: In der zweiten bundesweiten Preiserfassung von Mostobst aus Streuobstbeständen spiegeln sich die Herausforderungen der Streuobstbranche deutlich wider. Der Verein Hochstamm Deutschland zeigt im Preisbarometer, welche Preise Safthersteller für #Mostobst 2022 ausbezahlen.

Laut dem Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie (VDF) rechneten die Verarbeitungsunternehmen 2022 mit rund 500.000 Tonnen Streuobst. Aktuelle Daten zur tatsächlich erfassten Menge liegen noch nicht vor. 178 Tonnen hiervon ernteten die 220 #Teilnehmer des Preisbarometers vom Verein Hochstamm Deutschland. Dies entspricht zwar weniger als einem Prozent der Gesamterntemenge in Deutschland, dennoch schafft das einzige bundesweite Preismonitoring im Streuobstbereich Transparenz und zeigt, in welchen Spannweiten – je nach #Qualität, abnehmendem Betrieb und Vertrag – Mostobstpreise liegen. Die ausführlichen Ergebnisse hier

Höchster Preis für Bio Mostobst

Wie bereits in der letztjährigen Saison ergibt die Auswertung 2022 weite Preisspannen. Der höchste Preis liegt dieses Jahr wieder bei 30 Euro pro Dezitonne (Preisangaben in brutto, 1 Dezitonne sind 100 Kilogramm) in Bayern. Im Gegensatz zu 2021 wurde er dieses Jahr für Bio Mostobst ausbezahlt. Der niedrigste bezahlte Erzeugerpreis liegt allerdings 24 Euro tiefer bei nur 6 Euro, ebenfalls für Bio Mostobst und ausbezahlt in Baden-Württemberg. Dass auch konventionelles Streuobst hohe Auszahlungspreise erzielen kann, zeigt eine Meldung aus #Nordrhein #Westfalen: Ein #Naturschutzverein zahlt dort den höchsten erfassten konventionellen Preis von 27 Euro pro Dezitonne. Auch dieser liegt über 20 Euro über dem niedrigsten Erzeugerpreis von 5 Euro pro Dezitonne, ebenfalls in Baden Württemberg ausbezahlt.

Durchschnittlich erzielten die Lieferanten über die gesamte Saison und deutschlandweit gesehen auf Grundlage der eingegangenen Meldungen aus der Praxis folgenden Durchschnittspreise …

Die im Barometer erfassten Erzeugerpreise der Streuobstinitativen liegen durchschnittlich im Gesamtblick der Saison bei 16,69 Euro für konventionelles Obst und 22,45 Euro für Bio Mostobst. Damit sind sie um 5,21 Euro bei konventionellem Obst und 6,97 Euro bei Bio Obst höher als die durchschnittlichen Erzeugerpreise anderer abnehmender Betriebe.

Bio und alles ist gut?

Die Durchschnittspreise machen es deutlich: Auch wenn der höchste Auszahlungspreis für Bio Mostobst gilt, spiegelt der sinkende mittlere Bio Preis die aktuellen Verwerfungen am Bio Streuobstmarkt wider. Im Vergleich zur letzten Saison sinkt er ab und nähert sich dem Preis für nicht Bio zertifiziertes Mostobst an. Diese Entwicklung beobachten Streuobstexperten schon länger. Im vergangenen Jahr berichtete der Verein Hochstamm Deutschland bereits über Meldungen von Mostobstlieferanten, die über kurzfristige Vertragskündigungen für Bio Mostobst klagten. Auch ein Kommentar im diesjährigen Preisbarometer aus der Praxis macht dies deutlich: »In den vergangenen beiden Jahren erhielt ich noch zwischen 17 und 19 Euro pro Dezitonne.« Der Fachgruppe Keltereien im baden württembergischen Verband der agrargewerblichen Wirtschaft (VDAW) zufolge stehen die Keltereien in dieser Saison großen Herausforderungen gegenüber: Stark steigende Energiepreise, Engpässe bei Pfandflaschen, Personalnot und sinkende Verbrauchernachfrage nach hochwertigen Säften machen der Fruchtsaftbranche zu schaffen. Außerdem kommt immer mehr (Bio-)Direktsaft aus Plantagen in Polen, unter anderem auch deshalb, weil die Exportwege nach Osten eingeschränkt sind. Direktsäfte in Bio und konventioneller Qualität waren bisher eine Stärke der deutschen Keltereien. Nun stehen sie einer immer stärkeren Konkurrenz gegenüber, die zu deutlich niedrigeren Preisen auf dem Markt auftritt.

Gerechte Preise für harte Arbeit: Wo liegt der faire Erzeugerpreis?

»Bei der Obsternte beziehungsweise Obstlese per Hand ohne Maschineneinsatz liege ich umgerechnet deutlich unter dem derzeitigen gesetzlichen Mindestlohn. Wenn man die Arbeitszeit für die notwendige Baumpflege noch einrechnet, dann ist es, nüchtern betrachtet, eine unwirtschaftliche Brauchtumspflege. Leider kann ich aber auch nicht dabei zusehen, wie die Bäume verkommen und das Obst am Boden verfault.« Diese Einschätzung eines Preismelders zeigt das Dilemma der Streuobstbewirtschafter in der Praxis: Hoher Zeitaufwand bei der Produktion steht niedrigen Erzeugerpreisen gegenüber. Das Ergebnis: Der Stundenlohn liegt weit unter dem Mindestlohn. Dies bestätigen auch die Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Streuobstbewirtschafter Ulfried Miller. »In richtig guten Jahren wie 2020 komme ich auch schon mal auf einen Stundenlohn von etwas über 6 Euro. Im Durchschnitt der letzten 12 Jahre liege ich aber deutlich unter 4 Euro je Stunde, in einzelnen Jahren habe ich sogar einen Verlust eingefahren. Und das obwohl ich mein Mostobst nicht nur abliefere, sondern über Brände in der Direktvermarktung veredele«, so das ehrenamtliche Vorstandsmitglied vom Verein Hochstamm Deutschland. »Streuobst muss mehr gefördert werden, aktuell legen wir jährlich rund 1.000 bis 2.000 Euro drauf«, so ein weiterer O Ton eines Streuobstbewirtschafters im Preisbarometer.

Wie gelingen hohe Preise?

Der Preisbarometer zeigt: Das richtige Bundesland, verlässliche Abnahmeverträge und die Zusammenarbeit mit einer Aufpreisinitiative machen einen besseren Mostobstpreis möglich. Gerade die Zusammenarbeit in Netzwerken macht deutlich, welches Potenzial in der Bündelung liegt. Martina Hörmann, Vorsitzende vom Verein Hochstamm Deutschland zeigt sich wenig überrascht darüber und appelliert deshalb in erster Linie an die Bewirtschafter selbst: »Wir haben in Deutschland eine atomistische Angebotsstruktur, das heißt viele Lieferanten treffen auf wenige abnehmende Betriebe. Für eine stärkere Position, die auch Preisverhandlungen ermöglicht, ist ein Zusammenschluss von Erzeugerbetrieben sehr wichtig.« Aber auch #Verbraucher sind gefragt, mit ihrem Kauf der wertvollen Produkte aus 100 Prozent Streuobstbau dessen Zukunft zu stützen. Hochstamm Deutschland setzt daher gezielt auf diesen Weg. »Wir sind uns sicher, dass Streuobst nur durch aktive und begeisterte Streuobsthelden erhalten bleibt. Deshalb setzen wir auf Erhalt durch Nutzung«, erklärt Martina Hörmann. 2023 führt der gemeinnützige Verein hierfür das erarbeitete Qualitätszeichen für 100 Prozent Streuobstprodukte ein. Die hochwertigen Produkte bieten eine garantierte und zertifizierte Qualität für Verbraucher und gleichzeitig die Chance auf höhere Preise für die erzeugenden Betriebe.

Und warum? Anlass des Preisbarometers

Für viele landwirtschaftliche Produkte wie #Milch, #Kartoffeln oder #Getreide gibt es regelmäßige Veröffentlichungen zu Erzeugerpreisen. Im Bereich Mostobst aus Streuobst fehlt dem gegenüber eine Preisübersicht in Abhängigkeit von der gelieferten Qualität. Ziel des »Preisbarometers Streuobst« ist deshalb, Transparenz im Mostobstmarkt zu schaffen – für Erzeugung, Verarbeitung und nicht zuletzt Politik und Gesellschaft. Langfristig sind höhere Mostobstpreise eine wichtige Grundlage für den Erhalt der wertvollen Kulturlandschaft.

Verein Hochstamm Deutschland

Der Verein Hochstamm #Deutschland ist ein gemeinnütziger und bundesweit tätiger Verein, der sich für den Erhalt von Streuobstwiesen einsetzt. Hinter Hochstamm Deutschland stehen Streuobst Initiativen, Kommunen, Verbände und Privatpersonen. 

Ziel des Vereins ist es, Streuobstwiesenfreunde dabei zu unterstützen, den verbliebenen Bestand zu erhalten und Ideen für seine Weiterentwicklung zu geben – durch Vernetzung, Austausch und Beteiligung. Der Verein setzt sich auch dafür ein, dass die zeitintensive und arbeitsintensive Pflege einer Streuobstwiese nicht nur Herzensangelegenheit ist. Hier setzt der Verein mit Vermarktungswegen und Ideen an, die eine wirtschaftliche Grundlage für den Streuobstanbau schaffen. Dazu gehört das aktuelle Gemeinschaftsmarketing-Projekt. Dort erarbeitet der Verein mit zahlreichen Bewirtschaften und weiteren Fachkundigen ein gemeinsames Siegel für 100 Prozent Streuobstprodukte. 

Gemeinsam mit über 1,3 Millionen Unterstützern schaffte es der Verein, den Streuobstanbau in das Bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe der Deutschen #UNESCO Kommission zu bringen. Damit rückt der Streuobstanbau vermehrt in den öffentlichen Fokus. Diese Aufmerksamkeit trägt zur Erhaltung der Streuobstkultur und des damit verbundenen Wissens bei. Im Nachgang diesen Erfolges wurde der Tag der Streuobstwiese durch verschiedene Initiatoren ins Leben gerufen. Er findet jährlich am letzten Freitag im April statt und wird in ganz Europa gefeiert.

Hochstamm Deutschland

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