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Der Mensch als wandelnde Bilanz oder Das Nullsummenspiel

Der Mensch als wandelnde Bilanz oder Das Nullsummenspiel

Gütersloh, 18. August 2024

Die #Bilanz kennen wir vor allem aus der #Buchhaltung. Sie ist immer Null. Ist sie nicht Null, stimmt etwas mit der Buchhaltung nicht. Freilich gibt es zahllose Bilanzposten, die als Index dienen, wie etwa #Gewinn, #Umsatz, verschiedenste #Kosten, #Guthaben, #Vermögen, #Anlagen – alle Posten sind in Aktivposten (Aktiva) und Passivposten (Passiva) kategorisiert. Am Ende der Bilanz werden Aktiva gegen Passiva aufgerechnet, und das Ergebnis muss Null sein (siehe oben).

Geistige Bilanzbuchhalter

Der #Mensch als geistiger Bilanzbuchhalter gewichtet seine Bilanzposten unterschiedlich. Für den Moralisten wiegt die Notwendigkeit, der Gute zu sein, alles andere auf – die Notwendigkeit sogar alle anderen Posten. Kriegsherren und Terroristen müssen Recht haben – das wiegt alles andere auf. Es geht nur um ihr #Ego. Sie behaupten lediglich, vernünftig zu handeln, zu ihren Taten gezwungen zu werden et cetera. Das sind Lügen und Rationalisierungen. Wenn es #Hitler nur um das Wohl des »Deutschen Volkes« gegangen wäre, warum hat er sich dann beispielsweise an Filmen ergötzt, in denen die »Stauffenberg Attentäter« zu Tode gefoltert wurden? Warum hat er sich dann kurz vor der endgültigen Niederlage erschossen?

Bauern und das Nullsummenspiel

Der Bauer produziert landwirtschaftliche Produkte, das ist – wenn man so will – ein Bilanzgewinn. Dem stehen Kosten entgegen in Form von Arbeit, Lebenszeit, Verantwortung et cetera. Die Bilanzposten des Lebens sind unermesslich viele. Wer also einen Posten über alle anderen stellt, hat das nicht verstanden. Zumal die Bilanz am Ende immer Null ist, es geht um ein #Nullsummenspiel. Vor der Abschlussbilanz stehen während des Geschäftsjahres (während des Lebens) freilich Zwischenbilanzen, die mal so, mal so ausfallen können. Man kann beliebig oft Zwischenbilanzen ziehen – von der Tagesbilanz bis zur Jahresbilanz, von der Bilanz des Moments bis zur 10 Jahres Bilanz – wie auch immer.

Materie und Antimaterie

Möglicherweise ist die Bilanz unseres Universums oder aller Universen ebenfalls Null. Sprich: Womöglich existiert genauso viel #Materie wie #Antimaterie. Einiges spricht für diese Annahme, die wir allerdings (noch?) nicht beweisen können, aber – wissenschaftlich gedacht – ebensowenig widerlegen können. In der #Wissenschaft gilt nach dem Popperschen Falsifikationsprinzip eine Theorie solange als wahr, bis sie widerlegt wird. 

Ideologien, Fanatiker und Politiker

Ideologien sind Gedankenkonstrukte, die einen (oder mehrere Bilanzposten) schwerer als alle anderen gewichten. Insofern ist es die Aufgabe der #Politik für Ausgewogenheit bei der Gewichtung der Bilanzposten zu sorgen – mit anderen Worten: für einen Interessensausgleich zu sorgen. Ideologien neigen demnach zum #Fanatismus und #Absolutismus.

Jet Set und Sklaven des Zufalls

Noch schwieriger wird alles, wenn man die Frage stellt, warum Ideologen Ideologen sind. Geht es ihnen wirklich um ihre Ideologie oder letztlich doch nur um ihr Ego? Das beste Indiz für eine Antwort ist das, was die Menschen tun – keinstenfalls das, was sie sagen, denn #Worte sind bekanntlich #Schall und #Rauch. Wer also beispielsweise angeblich den #Klimaschutz über alles stellt, aber dann in der Weltgeschichte herumjettet, ist ein #Lügner und #Heuchler, zumindest jedoch inkonsequent und bigott. Die Rationalisierung dieses Verhaltens ist meist die, dass sich der Heuchler für wichtiger und bedeutsamer als alle anderen hält – und oder das, was er tut. Manche halten indes das, was sie tun, für unbedeutsam (»Das Flugzeug fliegt auch ohne mich«). So etwas nennt man #Ignoranz. In Wahrheit haben derweil Politiker sehr viel weniger Einfluss auf das Geschehen, als sie selbst und alle anderen glauben. Wir sind buchstäblich »Sklaven des #Zufalls«.

Kein #Fatalismus bitte

Die genannten Tatsachen sprechen nicht für Fatalismus (»Wenn die Bilanz am Ende Null ist, ist doch alles egal«). Die Bilanz ist auch bei Unternehmen Null, die einen bilanziellen Gewinn erwirtschaften. Somit geht es um die Bilanzposten und natürlich auch um Zwischenbilanzen. Der Sinn des Lebens wäre demnach der, verschiedene »Bilanzielle Gewinne« zu erwirtschaften, und #Verluste zu vermeiden. Viele kluge Leute – vor allem Künstler und Philosophen – waren und sind der Meinung, dass es der Sinn des Lebens – also der »Bilanzielle Gewinn« – sei, glücklich zu sein. Mutmaßlich verstehen sie jedoch unter »Glück« in Wahrheit »Freude«. Denn #Glück ist, der sein zu wollen (!), der man ist. Will man jemand anderes sein als man ist, so schafft man sich auf der einen Seite der Bilanz einen großen Posten, der durch andere Posten auf der anderen Seite der Bilanz ausgeglichen werden muss (und ausgeglichen wird). Daran führt kein Weg vorbei. Manche bezeichnen das als »#Karma«, andere als »Gerechtigkeit«. Was aber ist Gerechtigkeit? Gerechtigkeit ist, wenn niemand aufgrund von Umständen, die er nicht zu vertreten hat, benachteiligt oder bevorzugt wird. Das probateste Mittel, um der Gerechtigkeit nahezukommen, ist dabei der Interessensausgleich, das klassische Prinzip »suum cuique« (das leider von vielen missverstanden wurde und wird – es bedeutet nicht, dass jeder dass bekommen soll, was er »verdient« (wer wollte das auch entscheiden?) – es bedeutet vielmehr soviel wie »Leben und leben lassen« – ein Motto, das in einem James Bond Filmtitel verballhornt wurde (»Live and let die«). So ist »Leben lassen« natürlich nicht gemeint. Vielmehr ist es im Sinne des Berneschen Transaktionsmodells gemeint – »Ich bin okay, Du bist okay«, wie es Harris formuliert hat, was aber so nicht über den psychologischen Rahmen hinaus interpretiert werden darf. Manche und manches ist nunmal nicht »okay«).

Moralisten sind keine Humanisten

Moralisten sind keine Humanisten. Warum? Wenn sie (vermeintlich) die »Guten« sind, dann muss es auch die »Bösen« geben, denn sonst geht die Bilanz nicht auf. Sonst wären sie einfach das, was sie sind – ob sie wollen oder nicht. Und alle anderen ebenso. Was im Übrigen der tiefere Sinn von »suum cuique« ist. Und wenn sie das sein wollen, was sie sind, sind sie glücklich – ist das nicht der Fall, sind sie unglücklich. Auch wenn sie sich und anderen noch so sehr das Gegenteil einzureden versuchen. Man braucht lediglich ihre Taten zu betrachten, nicht ihre Worte.

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